Digitalisierung im Lehramtsstudium: die neue Generation
Digitalisierung Fehlanzeige? An vielen Schulen zeigen Teile des Kollegiums noch Hemmungen, andere Materialien als Buch und Tafel zu verwenden. Die "alte Schule" an Lehrkräften ist oft noch nicht so vertraut mit digitalen Medien und setzt daher lieber auf die bewährten Methoden. Doch besonders die Phase der Schulschließungen hat gezeigt, dass digitale Inhalte im Unterricht heutzutage unerlässlich sind. Viele setzen daher ihre Hoffnungen auf die Nachwuchs-Generation an Lehrkräften, die selbst zu den digital natives gehören und doch bestimmt gelernt haben, wie man digitale Tools in den Unterricht einfließen lässt. Wir nehmen das Lehramtsstudium mal unter die Lupe und gehen der Frage nach, ob die Lehrkräftebildung an dem Punkt angekommen ist, wo sie sein sollte.
Qualitätsoffensive auf Bundesebene - kommt sie zu spät?
Als Themenschwerpunkt der Qualitätsoffensive Lehrerbildung betont das Bundesministerium für Bildung und Forschung, mit der Digitalisierung in der Lehrerbildung die Notwendigkeit für weitere Fortschritte in diesem Bereich - jedoch in derartiger Form erst seit diesem Jahr. Auch der DigitalPakt Schule, der in der Presse viel diskutiert wurde, ist erst letztes Jahr in Kraft getreten. Da digitale Medien aber bereits seit Jahren ein fester Bestandteil im Leben von Schülerinnen und Schülern sind, sollten auch die Lehrkräfte Medienkompetenzen besitzen und diese Lebensrealität in ihrem Unterricht widerspiegeln - und das nicht erst ab morgen. Dass vor 30 Jahren noch nicht digital gearbeitet und ausgebildet wurde, können wir unseren älteren Kolleginnen und Kollegen nicht verübeln, jedoch ist der Lehrberuf einer, der einem abverlangt, sich immer wieder an die Schülerinnen und Schüler anzupassen und somit auch vor digitalem Fortschritt nicht die Augen zu schließen.
Wer will, der kann
Mittlerweile ist die Digitalisierung endlich in der Lehrkräfteausbildung angekommen. Jedoch regulieren die Universitäten die Studienordnungen, in denen Form und Ausmaß der Medienbildung festgelegt werden. Sowohl der allgemeine, schulpädagogische Teil eines Studiums als auch die jeweiligen Fachdidaktiken sind davon betroffen. Fakt ist, dass Seminare und Vorlesungen, die sich mit digitalen Lerntools und Medienkompetenzen auseinandersetzen sich hauptsächlich in Wahlpflichtmodulen verbergen. Das heißt, dass man durchaus im Laufe seines Studiums zahlreiche entsprechende Veranstaltungen wählen kann - aber nunmal nicht muss. Medienpädagogik stellt oft eine Option neben beispielsweise reformpädagogischen Ansätzen oder inklusionsorientierten Inhalten dar, die ebenso ihre Daseinsberechtigung haben. Gelegentlich gibt es tatsächlich auch Pflichtmodule in der Medienbildung, die somit von allen Studierenden eines Faches durchlaufen werden - jedoch hängt das neben der gewählten Universität auch von der Fächerkombination und den Lehrenden ab.
Was wird in der Medienpädagogik vermittelt?
Darin liegt der nächste Knackpunkt: was wird eigentlich in diesen mediendidaktischen Seminaren gelehrt? Wenn man Pech hat, gehen die Inhalte nicht über PowerPoint-gestützten Unterricht hinaus. Da Präsentationen aber weder innovativ, noch den Studierenden unbekannt sind, könnte man das als verschwendete Zeit ansehen. Wenn man interessierte und engagierte Dozentinnen und Dozenten hat, kann man sich jedoch ein abwechslungsreiches Programm erhoffen: angefangen bei vielerlei organisatorische Tools, die den Unterricht erleichtern bis hin zu inhaltlichen Softwares für die verschiedenen Fächer. Zum einen gibt es Umfrage- und Feedbacktools für den Verlauf des Unterrichts, oder Quiztools und Lernspiele, die an Game Based Learning anknüpfen oder man erlernt die Produktion von Lernvideos. Auch digitalisierungsfreundliche Unterrichtssysteme wie Blended Learning und der Flipped Classroom können Studierenden nahegelegt werden, ebenso wie der Einsatz künstlicher Intelligenz in Bildungskontexten. Weitere Bereicherungen wie die Nutzung von Open Educational Resources können in die Medienbildung an Hochschulen einfließen. Jedoch benötigt es dafür Universitätspersonal, was mit aktuellen Entwicklungen in der digitalen Bildung vertraut ist.
Wo Schulen die Grenzen des Machbaren aufzeigen
Um die erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse in die Unterrichtspraxis umsetzen zu können, bedarf es natürlich auch angemessen ausgestatteten Schulen. Tablet-Klassen sind noch lange nicht die Norm und selbst ein funktionierender Beamer und PC sind oft noch Wunschvorstellung. Die PC-Räume sind ständig belegt, daher erlaubt die digitale Architektur an deutschen Schulen keinen flächendeckenden digital unterstützten Unterricht. Lehrkräfte können noch so viele Tools kennen, wenn am Ende die Geräte fehlen, werden wieder Stift und Papier ausgepackt. Es bleibt zu hoffen, dass Maßnahmen wie der DigitalPakt für bessere Ausstattung sorgen werden und somit der Zugang zu digitalen Bildungsmaterialien wie beispielsweise digitalen Schulbüchern flächendeckend garantiert werden kann. Es liegt schließlich nicht im Sinn der Chancengleichheit, wenn Schülerinnen und Schüler auf ihre eigenen Geräte angewiesen sind und keine materielle Unterstützung erhalten.
Luft nach oben?
Wünschenswert wäre für die Zukunft, dass an allen Universitäten und für alle Schulformen medienpädagogische Module als verpflichtender Teil im Studium in den Studienordnungen verankert werden. Darüber hinaus sollten die Fachdidaktiken die Vermittlung spezifisch geeigneter Tools und Plattformen für ihr Fach in das Curriculum aufnehmen. Essentiell ist es hierbei insgesamt, dass Tools und Techniken ausgewählt werden, die einen tatsächlichen Mehrwert für den Unterricht haben und leicht anwendbar sind. Ein Grundkurs in Office-Programmen hingegen ist jedoch fehl am Platz, da dieser zum Beginn eines Studiums bereits vorausgesetzt werden kann und nur beschränkten Nutzen für interaktiven Unterricht bietet.
Bildquelle:Pixabay
- steveriot1
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