Gesprochene und geschriebene Sprache unterscheiden
Ein Satz besteht aus Subjekt, Prädikat und Objekt – oder doch nicht?
Oma: Noch n Stück Kuchen?
Enkel: Klar! Obwohl – hatt’ schon zwei.
Betrachtest du den Dialog, stellst du fest, dass viele grammatische Regeln, die du gelernt hast, hier nicht befolgt werden: Die Äußerung der Oma hat weder Subjekt noch Prädikat und das „obwohl“ des Enkels leitet gar keinen Nebensatz ein. Können die beiden kein Deutsch?
Doch! Und sie verstehen sich auch gegenseitig. Aber es handelt sich hier um gesprochene Sprache, die sich in einigen Aspekten von der geschriebenen Sprache unterscheidet.
Unterschiedliche Bedingungen und Kontexte
Geschriebene Sprache ist geplant und kann (meist) im Schreibprozess korrigiert werden – etwa am Computer oder Handy. Gesprochene Sprache findet spontan statt und eine einmal ausgesprochene Äußerung kann nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Zudem sind in einem Gespräch sowohl Sprecher/Sprecherinnen als auch Hörer/Hörerinnen in der Situation gleichzeitig beteiligt – sogar bei einem Telefonat. Sie wissen genau, in welchem Kontext das Gespräch stattfindet.
Bei geschriebenen Texten findet das Schreiben und das Lesen zeitlich und örtlich versetzt statt. Deshalb muss viel mehr darauf geachtet werden, sich klar und eindeutig auszudrücken.
Lexikalische Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache
In der gesprochenen Sprache lassen sich unter anderem folgende Besonderheiten auf der lexikalischen Ebene, also der Wortebene, beobachten:
- Modalpartikel:ja, doch, mal, auch etc.
- Vagheitsausdrücke:was weiß ich, würd ich sagen etc.
- Interjektionen:ah, hoi, nanu, hoppla, o je, mein Gott, ach
- Lexikalische Alternativen: z.B. Glotze statt Fernseher
Grammatische Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache
Auf der Ebene der Grammatik gibt es ebenfalls einige Unterschiede.
Zum Beispiel kannst du folgende Phänomene in der gesprochenen Sprache finden:
- Ellipsen (syntaktisch „unvollständige“ Sätze):
z. B. Keine Ahnung statt Ich habe keine Ahnung. - Weil/Obwohl mit Hauptsatzstellung:
z. B. Ich bin müde, weil ich bin schon seit fünf Uhr wach statt Ich bin müde, weil ich schon seit fünf Uhr wach bin. - Dativ-Possessiv-Konstruktionen:
z. B. dem Gustav seine Mutter - Andere Fälle, z. B. Dativ statt Genitiv in wegen dem Wetter statt wegen des Wetters.
Sonderfall: Messengerkommunikation
Im Chat oder über Nachrichten der verschiedenen Messengerdienste nutzen wir schriftliche Sprache, die aber im mündlichen Stil verfasst ist.
Ein Beispiel:
A: Freibad? Um 6?
B: Uff, heute schlecht. Noch am Lernen.
Hier finden sich verschiedene Charakteristika der Mündlichkeit, wie z. B. Ellipsen, die Interjektion „Uff“ oder die Verlaufsform „am Lernen“, obwohl es sich um einen geschriebenen Text handelt.
Die Verwendung gesprochen-sprachlicher Formen beim Schreiben zeigt an, dass die Schreiber sich nahestehen und ihren Austausch ähnlich dem vertrauten mündlichen Gespräch unter Freunden auffassen.
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