SuS können Erwartungswert und Standardabweichung in Anwendungsaufgaben bestimmen
Erwartungswert
Zufallsexperimente liefern Häufigkeits- bzw. Wahrscheinlichkeitsverteilungen ihrer Zufallsgröße $$X$$. Aber wie kannst Du herausfinden, welchen Wert der Zufallsvariablen Du auf lange Sicht erwarten kannst?
Schaue dir dieses Beispiel an:
Bei einem Glücksspiel mit $$X$$ als Gewinn sei die Wahrscheinlichkeitsverteilung von $$X$$:
$$x$$ in Euro | $$0$$ | $$0,50$$ | $$1,00$$ | $$2,00$$ | $$5,00$$ |
$$P(X = x)$$ | $$0,70$$ | $$0,10$$ | $$0,10$$ | $$0,08$$ | $$0,02$$ |
Wie kannst Du vorgehen, um Deinen voraussichtlichen Gewinn zu berechnen? Eine naheliegende Idee ist es, die Gewinnhöhe immer mit ihrer Wahrscheinlichkeit zu multiplizieren und alles zu addieren - denn da die Wahrscheinlichkeiten sich immer zu $$1$$ addieren, hast Du gleich eine Art Durchschnitt mitberechnet.
In diesem Beispiel wäre dies
$$0*0,70+0,50*0,10+1,00*0,10+ 2,00*0,08+5,00*0,02 = 0,41 $$
Anschaulich heißt das: Wenn du dieses Spiel sehr oft spielen würdest, würde dein durchschnittlicher Gewinn etwa $$0,41€$$ betragen. Bei einem Einsatz von $$1 €$$ würdest du im Durchschnitt also pro Spiel $$0,59€$$ verlieren.
Dieses Beispiel motiviert zu folgender Defintion:
Nimmt eine Zufallsgröße $$X$$ die Werte $$x_1, x_2, … , x_n$$ an, so nennen wir
$$E(X)=x_1*P(X=x_1)+…$$ $$…+x_n*P(X=x_n)$$ Erwartungswert der Zufallsgröße $$X$$.
Wir notieren statt $$E(X)$$ oft auch kurz $$µ$$.
Der Erwartungswert ist im obigen Beispiel also $$E(X)=0,41€$$. Er wird oft auch als „Mittelwert“ einer Wahrscheinlichkeitsverteilung betrachtet.
Für $$X$$ als binomialverteilter Zufallsgröße mit den Parametern $$n$$ als Anzahl
der Versuche und $$p$$ als Trefferwahrscheinlichkeit gilt für den Erwartungswert $$µ$$
$$µ=n*p$$.
Standardabweichung
Mit dem Erwartungswert alleine lässt sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Zufallsgröße jedoch oft nur ungenau beschreiben. Schau dir dazu diese Abbildungen von Wahrscheinlichkeitsverteilungen an:
Alle drei Verteilungen haben den Erwartungswert $$4$$. Die Streuung der Wahrscheinlichkeitsverteilung ist recht unterschiedlich und zeigt nicht, wie sich die einzelnen $$P(X)$$-Werte zum Erwartungswert gruppieren - ob sie sich z.B. um den Erwartungswert symmetrisch gruppieren oder wie im letzten Bild unsymmetrisch angeordnet sind.
Die Streuung der Werte von $$X$$ um $$E(X)$$ wird u.a. durch die Standardabweichung $$sigma$$(X) erfasst.
Wir hatten für den Erwartungswert festgelegt - hier mit einer geeigneten Erweiterung:
$$E(X)=x_1*P(X=x_1)+x_2*P(X=x_2)+ … +x_n*P(X=x_n) = sum_(i=1)^nx_i*P(X=x_i)$$
Wir bezeichnen die Streuung einer Wahrscheinlichkeitsverteilung als Standardabweichung $$sigma(X)$$
$$sigma(X) =sqrt (sum_(i=1)^n(x_i-E(X))^2*P(X=x_i))$$
Für die Berechnung der Standardabweichung bei einer Binomialverteilung mit $$n$$ als Anzahl der Versuche, $$p$$ als Trefferwahrscheinlichkeit und $$q=(1-p)$$ als Wahrscheinlichkeit für eine Niete gilt folgende Formel
$$sigma=sqrt(n*p*(1-p))=sqrt(n*p*q)$$.
Standardabweichung im Beispiel
Wir wollen die Standardabweichung für das Beispiel des Glücksspiels berechnen, für das wir den Erwartungswert von $$0,41$$ ermittelt hatten. Wir lassen zur einfacheren Darstellung das €-Zeichen weg.
Wir notieren noch einmal die Wahrscheinlichkeitsverteilung:
$$x_i$$ | $$0$$ | $$0,50$$ | $$1,00$$ | $$2,00$$ | $$5,00$$ |
$$P(X = x_i)$$ | $$0,70$$ | $$0,10$$ | $$0,10$$ | $$0,08$$ | $$0,02$$ |
Wir hatten den Erwartungswert $$E(X) = 0,41$$ berechnet.
Nun berechnen wir die Standardabweichung:
$$sigma(X)=sqrt((0-0,41)^2*0,7+(0,50-0,41)^2*0,1+ (1-0,41)^2*0,1+(2-0,41)^2*0,08+(5-0,41)^2*0,02 ) $$
$$sigma(X)=sqrt(3,7769) approx1,94 $$
Erwartungswert und Standardabweichung
Wir schauen uns mal die Werte der unsymmetrischen Beispiel-Verteilung an:
Wahrscheinlichkeitsverteilung in Tabellenform:
$$x_i$$ | $$1$$ | $$2$$ | $$3$$ | $$4$$ | $$5$$ | $$6$$ | $$7$$ |
$$P(X=x_i)$$ | $$0,0625$$ | $$0,1875$$ | $$0,25$$ | $$0,125$$ | $$0,0625$$ | $$0,1875$$ | $$0,125$$ |
Erwartungswert:
$$E(X)= 1*0,0625+2*0,1875+3*0,25+4*0,125+5*0,0625+6*0,1875+7*0,125=4$$
Standardabweichung:
$$sigma (X)=sqrt((1-4)^2*0,0625+(2-4)^2*0,1875+(3-4)^2*0,25$$ $$\qquad\qquad\qquad+(4-4)^2*0,125+(5-4)^2*0,0625+(6-4)^2*0,1875+(7-4)^2*0,0625$$
$$sigma (X)=sqrt(3,5)approx 1,87$$
Vergleich dazu ist die Standardabweichungs der Verteilung
$$sigma (X)=sqrt(2,5)approx 1,57$$
Die größere Streuung der Werte der Zufallsgröße macht sich in einer größeren Standardabweichung bemerkbar. So können Wahrscheinlichkeitsverteilungen noch genauer beschrieben werden.
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